Das neue Ausbildungskonzept der Bergrettung ist mittlerweile voll in der Umsetzungsphase und so fand vom 02. - 04.07.21 im Rahmen der Basisausbildung der letzte von drei Sommerkursen für das Jahr 2021 statt.

Wir, die rund 30 angehende Bergretter, wurden im Vorfeld über den Ablauf und den Inhalt des Kurses informiert und erhielten auch gleich eine Liste mit Anforderungen, auf die wir bis zum Kursbeginn vorbereiten mussten.

 

So hieß es bereits in den Wochen zuvor Knoten üben, Seilhandling trainieren und eine solide Basis für die komplexeren Rettungstechniken zu schaffen.

 

Bereits bei der Ankunft am Treffpunkt in Zug am Arlberg, fiel uns Teilnehmern die gute Organisation auf. Parkplatzzuweisung, Kontrolle der Anwesenheit und der 3G-Regel. Danach gab es eine herzliche Begrüßung von den Kursleitern Flo und Dieter und eine Information über das restliche Abendprogramm. Da uns direkt das Abendessen auf der Hütte in Aussicht gestellt wurde, waren alle äußerst motiviert den Zustieg zur Ravensburger Hütte, unserem eigentlichen Kursort für das Wochenende, zügig in Angriff zu nehmen.

 

Wer die Ravensburger Hütte kennt, weiß ihre idyllische Lage am Spullersee, die Gastfreundschaft von Hüttenwirt Thomas und seinem Team und natürlich auch die gute Küche zu schätzen. Aber die Kulinarik sollte nicht der letzte Punkt der Tagesordnung bleiben und so füllte das Thema Knotenkunde noch den Abend. Ein kleines Warm-up mündete dann in einen Knoten-Wettkampf, bei dem die 6 Gruppen gegeneinander antraten. Trittsicherheit, Stressresistenz und Knotenkunde waren dabei in Kombination gefordert und plötzlich fand man sich in einer Situation wieder, die manch einem aufzeigte, dass man unter Anspannung und mit Zeitdruck anders agiert und funktioniert wie daheim auf der Couch beim Knoten üben.

 

Der Spaß kam hierbei nicht zu kurz denn es entstanden bei dem Wettbewerb auch einige Knoten-Neuschöpfungen die nur noch auf eine passende Anwendung warten :)  Diese Anwendungen wurden von einigen scheinbar noch bis spät in die Nacht diskutiert, zumindest war dies die Vermutung, als so mancher am Frühstückstisch eintraf...

 

Während die aufgehende Sonne den Spuller See zum Leuchten brachte, begaben wir uns mit unseren Ausbildnern nun ins Gelände und durften unser Kletterkönnen mit Bergschuhen unter Beweis stellen, dass dabei inmitten der Seillänge ein Murmeltier umherturnte (free solo UND ohne Helm), erklärten wir uns mit dem klaren Heimvorteil des pelzigen Locals und ließen uns dadurch nicht irritieren. 

 

Beim Standplatzbau mit mobilen Sicherungsmitteln und dem Üben der Seiltechniken waren wir hingegen überlegen und ernteten so stets neugierige Blicken aus verschiedensten Erdlöchern und Felsspalten, bis wir uns am Nachmittag schließlich über die mächtigen Spullerplatten an den Wandfuß abseilten.

 

Das Gehen in weglosem Gelände musste beim Zustieg zum nächsten Ausbildungsplatz beherrscht werden und bescherte uns dabei das Vergnügen dem Murmeli-Nachwuchs beim Spielen zuzusehen, bevor wir in einen doch recht abenteuerlichen Steig mit Seilversicherung einstiegen. Das Begehen von Klettersteigen und Rettungstechniken vor Ort waren hierbei Ausbildungsinhalt, bis der traumhaft sonnige Tag von Westen her langsam mit Wolken eingetrübt wurde.

 

Da unser Ausbildner das Gebiet und dessen Eigenheiten bzgl. Wetter hervorragend kannte, wusste er auch direkt, wie lange wir nun noch für den letzten Ausbildungspunkt Zeit hatten, hakten dann den ersten Teil zum Thema Seilgeländer noch ab und erreichten genau rechtzeitig mit den ersten Regentropfen die Hütte, wo wir uns schon auf das Essen freuten.

 

Gut gestärkt, bekamen wir im Anschluss einen interessanten Vortrag über das Aufgabengebiet der Alpinpolizei und die Zusammenarbeit mit der Bergrettung zu hören. Auch wenngleich die Methoden zur schnellen Ortung von abgängigen Personen ein spannendes Thema war, hätte so manch einer gerne mit der Ortung seines Bettes begonnen, denn das straffe Programm hatte bei manchen seinen Tribut gefordert.

 

Am Sonntag, dem letzten Kurstag, waren schon alle auf die Abschlussübungen gespannt, bei denen man wie im realen Einsatz als Team funktionieren und auch unter Stress sein Wissen abrufen muss. Aber zuerst durften wir am sonnigen Vormittag noch die letzten Ausbildungsinhalte abhandeln und bekamen auch einen Ausblick in fortgeschrittene Themen wie die Einmannbergetechnik und den Seilbahnbau, bevor sich allmählich das Wetter für ein reales Einsatzszenario formierte.

 

Nach kurzem Briefing der Kursleitung, kam auch schon ein aufgeregter Wanderer angelaufen und berichtete von einem Unfall seines Kollegen - der Einsatz Nr.1 begann. Ein Ausbildner übernahm die Einsatzleitung, formierte einen Vortrupp mit den anwesenden Ärzten und schickte sie zur Unfallstelle, während der Rest der Mannschaft die Gebirgstrage und die restliche Ausrüstung vorbereitete.

 

Ein Wanderer war beim Hüttenzustieg abgestürzt und hatte sich den Fuß und den Kopf verletzt und musste nach der ersten Versorgung mit der Trage abtransportiert werden. Die Aufgabenverteilung war schnell gemacht und während ein Teil der Gruppe die Hintersicherung für die Trage aufbaute, kümmerte sich ein weiterer Gruppenteil um den Aufbau und die Vorbereitung der Trage. Kontrolliert wurde der Patient auf die Trage geladen, fixiert und danach gesichert auf den darunter liegenden Fahrweg gebracht, von dort ging es zur Hütte und das Einsatzszenario war erfolgreich abgeschlossen.

Aber keine Zeit zum Ausruhen, denn der nächste Einsatz wartete. Ein weiterer Wanderer war einen steilen Hang hinuntergestürzt, kam auf einem kleinen Absatz mitten im Hang verletzt zum Liegen und benötigte Hilfe. Schnell wurden wieder Verankerungen errichtet, Seile positioniert und eine Anwärterin zum Patienten abgelassen. Während sie sich um die Sicherung des Verunglückten und die Erstversorgung kümmerte, wurde parallel eine weitere Sicherung aufgebaut, die Schleifkorbtrage vorbereitet und ein weiterer Anwärter machte sich bereit für die Steilhangbergung mittels Trage. Der mittlerweile strömende Regen, forderte nicht nur von den Rettern an der Absturzstelle bedachtes handeln, auch die Sicherungsmannschaft wurde gefordert. Die komplett nassen Seilen konnten für den Mannschaftszug nur noch schwer gegriffen werden, doch genau hier machte sich die Ausbildung der letzten Tage bemerkbar. Schnell wurde mit den entsprechenden Klemmknoten auf die sich geänderten Verhältnisse reagiert und der Mannschaftszug konnte sicher und kontrolliert durchgeführt werden. Dies war nun auch nötig den schließlich mussten zwei Retter und ein Verletzter samt Trage den steilen Hang nach oben gezogen werden: Dies stellte für alle eine Herausforderung dar, was  jedoch dank dem exzellenten Teamwork und der klaren Führung des Einsatzleiters reibungslos klappte. Schon bald hatten alle wieder nassen, aber immerhin sicheren Boden unter den Füßen und auch die zweite Übung war erfolgreich absolviert.

 

Die Wichtigkeit von Feedback nach Übungen und Einsätzen wurde während der Ausbildung immer wieder angesprochen, denn nur so kann man einen hohen Standard der Arbeitsqualität halten und diesen noch weiter ausbauen. So gab es auch nach den Übungen jeweils eine Feedbackrunde, welche offen, ehrlich und vor allem sehr wertschätzend abliefen. Die Verantwortung, welche man gegenüber den Patienten und seinen Kameraden trägt, erfordert ein permanentes Learning, was mittlerweile zum Standard in den Rettungsorganisationen wurde, um die maximale Sicherheit in Einsätzen gewährleisten zu können.

Ein Teil dieser Sicherheit bietet auch die ideale Einsatzkleidung, mit deren beeindruckenden Wasserdichtigkeit durften wir uns noch etwas vertrauter machen, denn es stand nun der Abstieg zum Ausgangspunkt an. Aber auch hier hatte die Kursleitung ein Abschlussessen (im trockenen) angekündigt, was uns Anwärter dann nochmals voll motiviert die Schlussetappe anzutreten. Unten angekommen erwartete uns neben dem hervorragenden Essen auch ein schöner Abschluss der Kursleitung und der Ausbildner in gemütlicher Runde, in der wir das Erlebte nochmals Revue passieren ließen.

 

Im Namen aller Anwärter, darf ich mich für die interessanten und lehrreichen Tage bei dem kompetenten und strukturierten Ausbildungsteam bedanken und natürlich auch bei Flo und Dieter die es als Kursleiter geschafft haben uns Anwärtern die perfekte Mischung zwischen Ausbildung, Erlebnis und Kameradschaft zu bieten und das Ganze verpackt in einer klaren Struktur. Nun fühlen wir uns ideal vorbereitet und freuen uns schon auf die Grundausbildung Eis im September. 

 

 

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